ZWEI IM FALSCHEN FILM, Männer, Frauen & Romantik – Interview mit Laura Lackmann

Zwei im falschen Film, nach Mängelexemplar der zweite Langfilm von Regisseurin Laura Lackmann, feierte bereits beim Filmfest München im Juni 2017 Premiere und kommt jetzt bei uns ins Kino. Wieder ist es eine Komödie, aber diesmal keine Romanadaption, sondern eine Geschichte ganz aus Lackmanns eigener Feder, eine Romanze oder vielleicht eher Anti-Romanze über ein ungewöhnliches Paar. Heinz (Laura Tonke) und Hans (Marc Hosemann) kämpfen um ihre Liebe füreinander und verlieren dabei vorübergehend aus dem Blick, dass es weder für die Liebe noch für Beziehungen ein Patentrezept gibt – auch oder schon gar nicht im Kino.

Ich habe mich beim Filmfest München am Tag der Premiere mit Laura Lackmann getroffen und mit ihr über Ideen von Romantik, Männer*- und Frauen*rollen und natürlich die Situation von Regisseurinnen in der Filmindustrie gesprochen:

© Beda Mulzer

Filmlöwin: Mängelexemplar und Zwei im falschen Film – haben die Filme etwas miteinander zu tun?

Laura Lackmann: Ich glaube, es ist interessant, meine beiden letzten Filme hintereinander zu sehen. Die gehören schon zusammen. Man kann erkennen, dass das derselbe Mensch gemacht hat. Beide sind sehr detailverliebt, haben einen ähnlichen Humor und sind ein bisschen versponnen. Und die Figuren sind vielleicht einen kleinen Tick zu schrill oder zu laut für den einen oder anderen.

Das Thema, eine lange Beziehung wieder aufleben zu lassen, scheint ja ein Dauerbrenner zu sein, kommt seit Jahrzehnten immer wieder im Film vor. Woran liegt das?

Wenn man sich nicht neu verliebt, ist das der Grund, warum man sich trennt, also dass man die Beziehung nicht am Laufen halten kann. In Zwei im falschen Film ist das insofern noch ein bisschen anders, als dass Heinz und Hans von Anfang an ein pragmatisches Paar sind, die Liebe insofern in Frage stellen, als dass sie nichts mit Liebe im Film zu tun hat.

„man kann nichts mehr erleben, ohne mit Champagner anzustoßen“

Glaubst du, dass unsere Vorstellung von Romantik hauptsächlich von Filmen getrieben ist?

Ja, das glaube ich. Durch Film, durch Werbung, durch Bücher, durch Geschichten. Ich habe zum Beispiel das Gefühl, man kann nichts mehr erleben, ohne mit Champagner anzustoßen. Man muss zu jedem „Kinomoment“ in seinem Leben einen Champagner trinken. Und ich frage mich: Wo kommt das eigentlich her? Auch dass Menschen sich zum Beispiel im Kino bei der romantischen Szene wie verabredet küssen. Also im Publikum auch. Oder wenn ein Sonnenuntergang ist, dass man sich verabredet küsst. Es gibt offensichtlich so Rituale. Man hinterfragt die auch gar nicht, warum die Kerze jetzt romantisch sein muss. Es ist dann so.

© farbfilm

Glaubst Du, es gibt eine Romantik abseits dessen?

Ich finde alles was einen anrührt romantisch. Und das genau soll der Film ja auch zeigen, dass es so kleine Momente sind, die man miteinander hat, die jetzt nicht im großen Romantik-Knigge drinstehen, auf die es aber ankommt. Es müssen nicht rote Rosen sein, nicht der Champagner, nicht die Kerzen. Videospielen kann auch Romantik sein. Das kann man ja niemandem erzählen: Wir haben gestern so romantisch Video gespielt. Aber wenn da der richtige Funke ist, dann kann das auch toll sein.

Dabei geht es ja auch um die Außenwirkung.

Ich glaube, das ist eher ein Frauending, also wie wird deine Beziehung von anderen Leuten gesehen. Je älter man ist, desto schlimmer ist das: „Wohnt ihr zusammen? Habt ihr schon ein Kind? Nein? Achso, hm…“ Das sind die Regeln, nach denen so etwas funktionieren muss.

Wie passt Hans‘ an Demenz erkrankte Mutter  in all das hinein?

Ich hatte eine Dokumentation darüber gesehen und was ich da interessant fand: Mit Demenz wird alles in einen neuen Zusammenhang gestellt, eben genau diese Begriffe wie Champagner, Silvester, usw. Warum schmeißt man Blumen ins Grab? So eine Figur kann Gedankenanstöße geben und den Blickwinkel verändern.

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Gab es mal den Gedanken, die Geschichte nicht als Komödie zu verfilmen?

Nein.

Warum war dir das Komödien-Genre wichtig?

Ich glaube, ich kann das ganz gut. Das ist so eine bestimmte Art von Ton, den ich gut finde. Ich persönlich mag Filme, die einen gar nicht richtig laut lachen lassen und auch gar nicht richtig doll reinlassen, sondern dieses Kitzeln machen, so wie diese kleinen amerikanischen Indie-Filme, die immer so rühren. Das mag ich. Das ist ein Gefühl im Kino, das ich wirklich schön finde: Wenn man rausgeht und man ist durchgekitzelt an Gefühlen.

„Ich erlebe Männer wirklich als phlegmatisch“

Deine Figuren sind hinsichtlich der Geschlechterrollen schon recht klassisch: Der Mann* faulenzt, die Frau* ist tüchtig. Ist das Dein eigener Erfahrungswert?

Ja, total. Ich erlebe Männer wirklich als phlegmatisch, dass sie sich dann erst bewegen, wenn Frauen irgendwas wollen. Sie trennen sich, wenn eine Frau das will, sie verheiraten sich, wenn eine Frau das will, sie kriegen Kinder… Tut mir leid, aber das kenn ich nicht anders.

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In jedem Klischee ist ja ein bisschen Wahrheit. Und die Frau*, die versucht ihren Mann* zu aktivieren, haben wir schon in den Sketchen von Loriot gesehen. Warum ist das immer noch so?

Ich glaube für Männer sind Auseinandersetzungen regelrecht unangenehm. Streit und Drama ist für sie wirklich schlimm. Dadurch dass man sich als Frau so viel emotional betätigt, ist man da einfach flexibler. Man ist im Spagat schon geübt, man kann das.

Wie kommt es, dass Deine Figur als „Bob der Baumeister“, wie ihr Freund es nennt, in die Geschichte eingeführt wird und am Ende mit blonden Haaren und in 70er Jahren Klamotten ihr Glück findet?

Sie hat ein durchscheinendes Kleid an, unter dem man die Unterhose noch sieht und sie trägt noch die Aldiletten und ihre Extensions sind ja auch nicht so gut gemacht. Die Idee war: Man will diesem Gedanken von sich selbst entsprechen und das gelingt ihr über die ganze Zeit nicht so richtig. Insofern findet sie im Mischmasch ihre Zufriedenheit.

Dieses Idealbild spielt ja im Filme eine große Rolle. Heinz sieht sich ja ständig selbst in Frauen*zeitschriften und auf der Leinwand. War das Ideal von Weiblichkeit* für dich ein Thema?

Ja, dieses sich Abgleichen war tatsächlich noch stärker in der Geschichte. Das ist weniger geworden über die Zeit, weil es sonst zu versponnen gewesen wäre. Im Grunde sieht Hans sich ja auch, zum Beispiel in dem Film, den sie am Anfang gucken, aber bei Heinz ist es noch deutlicher. Sie fragt sich: „Bin ich schön?“ und sie fragt Hans: „Ist die schön, findest du die schön?“ Dabei sieht die Frau auf dem Bild genauso aus wie sie. Ich finde, dass wir Frauen viel mit dieser Außenwahrnehmung beschäftigt sind und bei Männern ist diese Frage nicht so stark. Die sind eher zufrieden und selbstbewusst. Da kann man sich als Frau schon eine Scheibe von abschneiden

© farbfilm

„Ich habe nicht das Gefühl, dass ich benachteiligt bin.“

Was ist eigentlich Deine Position zur Regie-Quote?

Ich glaube, ich kann das gar nicht so richtig beurteilen, weil ich mich seit mehreren Jahren richtig durchgezeckt habe. Ich hab mich wirklich durchgebissen: Gebissen, gebissen, gebissen und bin immer hängen geblieben. Ich denke öfter darüber nach, ob Frauen* es vielleicht deswegen schwerer haben, weil sie eher nach dem Prinzip „Der Klügere gibt nach“ leben und nicht dieses Verzeckte haben. Ich hab nicht das Gefühl, dass ich benachteiligt bin. Aber ich glaube, dass es vor allem als Frau in dem Moment schwierig wird, in dem Familie eine Rolle spielt. Dann ist das wirklich einfach ein unmöglicher Beruf. Ich hab halt kein Kind. Und ich glaube, das ist auch ein Grund, warum ich das noch nicht angegangen bin, weil ich nicht weiß, wie das gehen soll.

Aber das ist doch eigentlich scheiße.

Das ist super scheiße.

Eigentlich müsste das System doch so geändert werden, dass diese Probleme nicht mehr bestehen.

Es müsste schon geändert werden, ja. Und bei Regisseuren ist das ja auch so, dass du mit Eigenschaften ausgestattet sein musst, die halt einfach nicht besonders weiblich sind. Ich zum Beispiel habe immer dieses Ding, dass ich denke: Alle müssen sich hier wohlfühlen. Und das ist den Männern* scheißegal. Das steht dir bei der Arbeit einfach im Weg, weil du dich darauf einfach nicht konzentrieren musst. Du musst dich auf etwas anderes konzentrieren. Und dass die Leute frieren, das hat die Produktion zu interessieren. Ob die schlecht schlafen, hat die Produktion zu interessieren.

Glaubst Du, dass Frauen* andere Filme machen als Männer*?

Vielleicht schon. Man hat als Frau eine andere Wahrnehmung und eine andere Stofflichkeit, nimmt die Dinge einfach anders wahr und drückt sich dann auch anders aus.

Würdest Du eigentlich auch einen Tatort machen?

Ja. Das ist so der deutsche Ritterschlag. Ich möchte das gerne irgendwann mal machen!

Na, dann drücke ich mal die Daumen und freue mich jetzt schon auf die vermutlich sehr vergnügliche Tatort-Episode aus Deiner Feder! 

Kinostart: 31. Mai 2018

Sophie Charlotte Rieger
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