IFFF 2018: Monika Hauser – Ein Portrait

„Jeder Krieg ist immer auch ein Krieg gegen Frauen“ – mit dieser einleitenden Texttafel holten mich die Regisseurinnen Edith Eisenstecken und Evi Oberkofler direkt ab, obwohl ich zu meiner Schande gestehen muss, bislang wenig über Monika Hauser gewusst zu haben. Und weil das euch eventuell genauso geht, hier ein paar einleitende Worte.

Monika Hauser ist Gynäkologin und Gründerin der Frauen*rechtsorganisation medica mondiale, die sich insbesondere mit den Auswirkungen, aber auch der politischen Instrumentalisierung von sexualisierter Gewalt beschäftigt. Ihren Anfang nahm diese Arbeit während des Bosnienkriegs, inzwischen aber ist die Organisation in vielen Teilen der Welt vertreten, unterstützt Menschen, die von sexualisierter Gewalt betroffen sind, und engagiert sich auf politischer Ebene im Kampf gegen jene patriarchale Strukturen, die die Instrumentalisierung von Vergewaltigungen im Kriegsfall erst möglich machen.

Ein derart wichtiges und komplexes Thema gemeinsam mit seiner prominenten Stimme, in diesem Fall Monika Hauser, in einem Dokumentarfilm abzubilden, ist kein leichtes Unterfangen. Zum Einen ist bei der audiovisuellen Umsetzung dieses Themas besondere Sensibilität gefragt. Gleichzeitig besitzt eine Persönlichkeit wie Monika Hauser eine derartige Präsenz, dass sie ihren „eigenen“ Film schnell in den Schatten stellen kann.

© Barnsteiner Film

Leider erweisen sich diese beiden Herausforderungen auch im Fall von Monika Hauser – Ein Porträt als echte Stolpersteine. Der handwerklich solide, aber visuell nicht sonderlich originelle Dokumentarfilm erinnert im Gesamten doch eher an eine TV Reportage. Da wird die Protagonistin in verschiedenen beruflichen und sehr wenigen privaten Situationen beobachtet und wiederholt zu ihrem beruflichen Werdegang befragt. Ihren – im Übrigens ebenso klugen wie eloquenten – Ausführungen geben die Filmemacherinnen dabei auffallend viel Raum. Und das ist gut so. Denn Monika Hauser trägt diesen Film, der uns abseits seines Themas nur wenig zu bieten weiß, quasi im Alleingang.

Und doch kommen wir dieser betont starken Frau* auf der Leinwand bis zum Ende nicht näher. In der ersten halben Stunde kreist der Film derart eng um medica mondiale, dass es sich auch um einen Imagefilm für die Organisation handeln könnte. Die Erzählung wird anschließend zwar zunehmend persönlicher, kratzt aber stets nur an der Oberfläche der Person Monika Hauser und macht sie für das Kinopublikum nicht erfahrbar. Von sich selbst spricht die Ärztin auffällig wenig, eher noch von ihrer Familiengeschichte, allen voran der Großmutter, und andere Stimmen als Hausers kommen in diesem Film kaum zu Wort. Erst ganz zum Schluss erklärt sich der maskenhafte, manchmal starr anmutende Gesichtsausdruck der Protagonistin als Spur der eigenen oder aus erster Hand vernommenen Gewalterfahrungen und ihrer Folgen. Kurz erahnen wir, welche Last diese Frau* täglich schultert und trotzdem zielstrebig und unermüdlich weiterläuft – doch dann ist der Film schon wieder vorbei.

© Barnsteiner Film

Die Gewalt selbst bleibt weitgehend unsichtbar. Nur kurze, im Kontext des Reportage-Stils etwas deplatziert wirkende bildliche Zäsuren unternehmen den Versuch, sexualisierte Gewalt zumindest als Gefühlsblitzlicht zu vermitteln. Die bedrückenden Großaufnahmen von verschränkten Armen oder anderen Körperfragmenten untermalt mit bedrohlichem Poltern, inszenieren die betroffenen Frauen* aber leider ebenso als anonyme Opfer wie jene mediale Kriegsberichterstattung, die Monika Hauser im Film explizit kritisiert. So wird ohnehin in diesem Film auf befremdliche Weise immer nur über, aber nie mit „diesen Frauen*“ gesprochen. Der Verzicht auf eine voyeuristische Inszenierung der Betroffenen und ihrer Geschichte ist dabei in jedem Fall zu begrüßen, das anhaltende Reden ÜBER sie jedoch wirkt schließlich patriarchal bevormundend, was im starken Gegensatz zur gezeigten Arbeitsweise medica mondiales steht.

Insgesamt wirken die Stoßrichtung und der rote Faden des Films ein wenig diffus. Weder löst sich das Versprechen des im Titel angekündigten Portraits tatsächlich ein, denn dafür bleibt die Betrachtung Monika Hausers ihrer beruflichen Persona viel zu verhaftet, noch gelingt es, das Thema sexualisierter Gewalt im Kriegskontext in seiner Komplexität und auch Omnipräsenz abzubilden.

Inhaltlich ist Monika Hauser – Ein Portrait dennoch interessant, so wie es eine Reportage über ein spannendes Thema eben ist. Der Film gibt einen Einblick in die Arbeit von medica mondiale, umreißt ihre Bedeutsamkeit und bietet nicht zuletzt auch eine Bühne für die beeindruckende und inspirierende Protagonistin Monika Hauser, der dieser konventionelle Dokumentarfilm jedoch leider nicht gerecht werden kann.

Kinostart: 3. Mai 2018

Sophie Charlotte Rieger
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